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Anfrage 519

Landtag Rheinland-Pfalz Drs. 13/1003

Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

im Landtag Rheinland Pfalz

13. Wahlperiode 19.12.1996

 

Kleine Anfrage

 

 

 

des Abgeordneten Dietmar Rieth (BÜNDNIS 9O/DIE GRÜNEN)

 

 

"Diskrepanzen der Ermittlungen" bei Vorkommnissen im Bereich der Rüstungsaltlast Hallschlag

 

Im Frühjahr 1996 hatte eine Anwohnerin der Rüstungsaltlast Hallschlag auf einem Flohmarkt im belgischen Libramont eine komplette Granate mit Kartusche erworben Als sie das für ungefährlich gehaltene Relikt des zweiten Weltkrieges Kampfmittelräumern aus dem Räumcamp zeigte, erkannten diese, daß die auf der Kartusche aufsitzende Sprenggranate mit Bodenzünder unentschärft und mit Explosivstoff gefüllt war und nahmen das Teil in Gewahrsam.

Gegen die Frau wurde seitens der Staatsanwaltschaft Trier ein (mittlerweile eingestelltes) Verfahren wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und Sprengstoffgesetz eingeleitet.

Keine Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft erfolgten offensichtlich Ende 1995, als eine zu einer Bodenreinigungsfirma im Raum Hamburg gesandte Erdprobe der Rüstungsaltlast Hallschlag Kampfmittel enthalten hatte.

 

 

Ich frage die Landesregierung:

 

 

1. Welche Art von Kampfmitteln waren in dieser durch eine Siebanlage gegangenen Erdprobe bei der Ankunft in Hamburg in welcher Stückzahl vorgefunden worden9

2. Teilt die Landesregierung die Auffassung, daß diese ,.Übungsmunition aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges höchst unwahrscheinlich aus Hallschlager Funden stammen kann, da weitere gleichartige Munitionskörper dort nie getätigt wurden. dagegen aber ein munitionstechnischer Laie durchaus äußerlich nicht erkennen konnte, daß es sich hierbei um Übungsmunition handelte? Wenn nein, Begründung?

3. Was hat die Landesregierung veranlaßt, um aufzuklären wie es zu dieser Verunreinigung der Erdprobe gekommen sein könnte und ob diese Munition mutmaßlich durch eine noch unbekannte und zu ermittelnde Person bewußt eingebracht worden ist?

4. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus diesem Vorkommnis in bezug auf die Zuverlässigkeit von ihr in Hallschlag beauftragter Personen?

5 Wie beurteilt die Landesregierung die im Mai auf einem Radiosender verbreitete Meldung eines Beraters der Landesregierung. der Humboldt-Universität zu Berlin, es gäbe ,,preiswertere Firmen als die derzeitig beauftragte" und ist beabsichtigt den Vertrag mit der derzeitigen Räumfirma aus welchen Gründen, aufzulösen oder nicht zu erneuern?

6. Weshalb haben Landesbehörden im erstgenannten Falle, trotz gutgläubigem Erwerb und einer freiwilligen Übergabe der Granate an die zuständigen Kampfmittelräumer, die Staatsanwaltschaft benachrichtigt, nicht aber wenn eine möglicherweise strafbare Tat unter direkter behördlicher Aufsicht geschah und sprengstoffhaltige Gegenstände vorschriftswidrig versandt worden waren? Wie fand dieser Transport nach Hamburg statt?

  

 

 

Antwort

 

Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietmar Rieth (BÜNDNIS 90 1 DIE GRÜNEN) betr. ,Diskrepanzen der Ermittlungen" bei Vorkommnissen im Bereich der Rüstungsaltlast Hallschlag

Kleine Anfrage 519

 

Die in den Vorbemerkungen wiedergegebenen Behauptungen setzen bereits bestimmte Antworten auf in den anschließenden Fragen angesprochenen Sachverhalte als gegeben voraus und sind nur teilweise zutreffend. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die gestellten Fragen wie folgt:

 

Zu 1.

Der Kampfmittelräumdienst (KMRD) hat acht Sprenggranaten, (Übung für Flak 30/38 und ein Teilstück einer solchen Granate übernommen, die angeblich aus einer Bodencharge aus Hallschlag stammen sollen. Die Munitionsteile waren vollkommen inert, d.h. ohne Sprengstoffanhaftungen oder Füllungen.

Der KMRD. stellt dazu fest, daß diese Munitionsart vor und zur Zeit des Zweiten Weltkrieges zur Funktionsprüfung von Waffen oder zum Schulschießen auf Übungsplätzen verwendet wurde und die Fundstücke teilweise Beschädigungen zeigten, wie sie in einem Geschoßfang entstehen. Da das Gelände in Hallschlag zur fraglichen Zeit einen solchen Übungsplatz nicht aufwies, ist es unwahrscheinlich, daß diese Munitionsteile von dort stammen.

 

zu 2.

Ja

 

 

zu 3.

Hinweise auf eine bewußt Einbringung der Übungsmunition haben sich nicht ergeben Die Vorgänge bei der Hamburger Firma, die neben anderem Bodenmaterial versuchsweise auch Erde aus Hallschlag reinigte, ließen sich durch die Landesregierung nachträglich nicht mehr aufklären

 

 

 

Aus diesem Vorkommnis lassen sich - wie schon aus der Antwort zu 1 ersichtlich - negative Schlüsse auf die Zuverlässigkeit von in Hallschlag beauftragten Personen nicht ziehen.

 

 

 

In einem Telefongespräch hatte ein Mitarbeiter der Humboldt-Universität gegenüber einem Journalisten die Auffassung vertreten, daß auf ehemaligen Truppenübungsplatz in den neuen Bundesländern zu geringeren spezifischen Kosten Munition geräumt werde. Eine Überprüfung dieser Aussage durch eine Arbeitsgruppe der Landesregierung unter Einbeziehung der Humboldt-Universität hat jedoch ergeben, daß die dort angewandten Verfahren zur Munitionsräumumg und damit auch die Kosten nicht vergleichbar sind, weil dort im Unterschied zu Hallschlag Kampfstoffmunition nicht vorkommt und somit z.B. maschinelle in-situ Räumverfahren möglich sind. Die Landesregierung sieht deshalb derzeit keine Veranlassung den Vertrag mit der in Hallschlag beauftragten Räumfirma zu kündigen.

Landesbehörden haben in dem genannten Fall die Staatsanwaltschaft nicht benachrichtigt. Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes, die den Blindgänger in Empfang genommen hatten, haben allerdings zuständige belgische und deutsche Polizeidienststellen über das Vorkommnis informiert um weitere Angebote von Fundmunition auf Flohmärkten unterbinden zu lassen.

Es wurden keine sprengstoffhaltigen Gegenstände nach Hamburg versandt (siehe Antwort zu 1) Der Transport der Erdproben erfolgte im übrigen gemäß den einschlägigen Vorschriften durch ein von der Reinigungsfirma beauftragtes Unternehmen in gedeckten Sattelauflegern.