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Trierischer Volksfreund vom 11.06.1996

Hallschlag: Grabungen sind künftig verboten

VG Obere Kyll erläßt Gefahrenabwehr-Verordung - -Metallsuchgeräte dürfen nicht mehr mitgenommen werden

Jünkerath/Hallschlag. (s. k.) Gunther Heerwagen darf nicht mehr im Umfeld der ehemaligen Munitionsfabrik Hallschlag nach Giftgasgranaten suchen. Die Verbandsgemeindeverwaltung Obere Kyll hat jetzt eine ,,Gefahrenabwehrverordnung" erlassen, die es verbietet, Metallsuchgeräte in der B-Zone mitzuführen oder dort zu graben. Verstöße gegen diese salopp als "Lex Heerwagen" bezeichnete Verordnung können mit einem Bußgeld bis 1000 Mark bestraft werden.

Eigentlich hatte der Verbandsgemeinderat schon im vergangenen Sommer einer Gefahrenabwehrverordnung zustimmen sollen. Auf Antrag der CDU-Fraktion war diese dann aber vertagt worden, da es in den christdemokratischen Reihen Stimmen gab, die die Sicherheitsbestimmungen und Auflagen rund um Hallschlag lieber ganz aufheben denn verschärfen würden. Dem wurde durch VG-Bürgermeister Werner Arenz (CDU) jetzt dadurch Rechnung getragen, daß in die seit wenigen Tagen gültige Verordnung einige Erleichterungen aufgenommen worden sind. Sie sollen den in Hallschlag lebenden Menschen das Leben weniger beschwerlich machen.

 

Erleichterungen

Zu den Erleichterungen, von denen Arenz spricht, gehört unter anderem, daß die Anwohner die Fluchthauben und Meldeempfänger in der sogenannten B-Zone, also dem für Unbefugte gesperrten Bereich rund um das eigentliche Räumungsgelände (C-Zone), mitführen "sollen", aber nicht mehr "müssen". Die B-Zone darf nur betreten, wer dort wohnt, Eigentümer, Pächter oder Mieter von Grundstücken ist, sowie deren Besucher und Lieferanten. Diese Regelung gilt nur während der Räumarbeiten, also montags bis donnerstags von sechs bis 17.30 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist die B-Zone für jedermann offen.

Der eigentliche Sinn der Verordnung aber liegt ohnehin woanders. Seit Jahren reizt der Birgeler Heilpraktiker und selbsternannte Kampfmittelexperte Heerwagen, der durch sein hartnäckiges Wirken die Behörden erst auf die von ihnen lange Zeit ignorierte Rüstungsaltlast aufmerksam gemacht hat, die zuständigen Stellen mit immer neuen Granatenfunden. Der Hobby-Rüstungsexperte, der in dieser Frage auch die Landtagsfraktion der Grünen berät und zahlreiche Parlamentsanfragen initiiert hat, hat in den vergangenen Jahren immer wieder neue Granaten präsentiert und behauptet, diese außerhalb der C-Zone gefunden zu haben. Sein Ziel war es stets, die staatlichen Kampfmittelräumer dazu zu bringen, den abgesperrten Bereich zu vergrößern und auch außerhalb des heute gesperrten Geländes nach Granaten zu suchen. Heerwagen vermutet

den größten Gefahrenherd in der B-Zone, also dort, wo heute noch nicht gesucht wird.

Damit aber sagt er den Kampfmittelräumern zumindest heute nichts Neues mehr. Mehrfach haben die Mitarbeiter von Innenministerium und Bezirksregierung erklärt, ihnen sei bekannt, daß außerhalb der C-Zone Granaten lägen. Von diesen aber gehe keine akute Gefahr aus, da sie tiefer im Boden lagerten als dort, wo heute gesucht werde. Es könne nicht überall auf einmal nachgeforscht werden.

 

Nichts Neues

Um zu verhindern, daß Heerwagen weiterhin im Umfeld der 1920 explodierten Munitionsfabrik nach Granaten sucht, hat die VG-Verwaltung mit Zustimmung von VGRat, Kreisverwaltung und Bezirksregierung jetzt die Gefahrenabwehrverordnung erlassen. Deren Kernaussage besteht darin, daß Unbefugte keine Sondierungsgeräte, also Metallsuchgeräte, in der B-Zone mitführen oder benutzen dürfen; Grabungen sind verboten. Wer sich unerlaubt in der B-Zone aufhält, kann ein Bußgeld von bis zu 100 Mark auferlegt bekommen, wer Suchgeräte mitführt, im Boden gräbt oder ein Feuer in diesem Bereich entfacht, muß bis zu 1000 Mark zahlen.

 

Verbote und Kontrollen

Arenz weist darauf hin, daß die "Lex Heerwagen" nicht nur für Heerwagen gelte; auch andere Leute hätten dort bereits ausgegraben. Sicher aber sei, daß die Verordnung durchgesetzt werden soll. Die vorübergehend personell verstärkte Prümer Polizei werde häufiger als bislang in dem Gebiet kontrollieren, teilweise seien gemeinsame Kontrollen von Polizei und Verbandsgemeindeverwaltung geplant. Wenn die Polizei jemanden erwische, der unerlaubt in der B-Zone sei oder keine Schutzmaske bei sich führe, werde dieser der VG-Verwaltung gemeldet, die dann entscheiden müsse, ob ein Bußgeld verhängt werde.

Kritik von Heerwagen

Heerwagen hat die Verordnung inzwischen kritisiert. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Hallschlager Gemeinderatsmitglied Bernhard Furth bezeichnet er die Regelung, daß Bewohner der B-Zone nur so tief graben dürfen, wie der Boden bereits entmunitioniert wurde, als "Gummiparagraphen", der nicht verhindere, daß beispielsweise spielende Kinder tiefere Löcher ausheben würden. Verletzten sich Jungen oder Mädchen dabei, so bekämen sie nicht nur keine Entschädigung, sondern müßten oberdrein noch mit einem Bußgeld rechnen. Überdies führe die Verordnung zu erheblichen Wertverlusten für Hallschlags Grundstückseigentümer.