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Trierischer Volksfreund vom 26.11.1998

Altlasten werden teure Hypothek

Rheinland-pfälzisches Umweltministerium läßt alte Industrieanlagen auf Verdachtsflächen abklopfen

Von unserem Redakteur

JOACHIM WINKLER

MAINZ. Stillgelegte Industrieanlagen und Rüstungsbetriebe haben eine umfangreiche Spur von belasteten Standorten in Rheinland-Pfalz hinterlassen. Noch in diesem Jahr soll auch in Trier mit ersten Erhebungen von alten Betriebsstandorten begonnen werden, die anschließend auf Verdachtsflächen abzuklopfen sind.

Bereits verfügbar sind solche Dateien mit Arealen, auf denen umweltbelastende Stoffe hergestellt oder gelagert wurden, für die Städte Mainz, Koblenz, Ludwigshafen, Kaiserslautern und Worms. Das Kataster kostete 1,2 Millionen Mark. Bestimmt sind seit längerem zudem landesweit 393 Standorte, an denen Waffen und Munition mit gefährlichen Stoffen produziert oder demontiert wurden. Auch hier mußte allein für die Erhebung eine Million Mark gezahlt werden.

Die Altlasten stellten eine drückende Hypothek dar, erklärt dazu Umweltministerin Klaudia Martini (SPD). Das lange propagierte Motto ,,aus den Augen aus dem Sinn" habe sich als Trugschluß erwiesen. Nach ihren Worten ist es allerdings nicht zu leisten, alle Altlasten-Standorte wieder in den Urzustand zurückzuversetzen.

Dies gilt auch für das Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik Hallschlag (Kreis Daun), das mit Sprengstoff und Giftgas - Granaten verseucht ist und für rund 30 Millionen Mark gesichert wird. Nach langem Ringen wurden laut Martini alle Maßnahmen mit der Umweltbehörde abgesprochen. Entscheidend sei, daß eine Gefährdung ausgeschlossen werde und gleichzeitig Sicherheit und finanzielle Machbarkeit in Einklang stünden.

In Hallschlag sind nach ihrer Einschätzung sämtliche Gefährdungspfade erfaßt: Die Abdeckung verbaue den Weg nach oben, ein Gitter aus Maschendraht verhindere unberechtigtes Suchen. Als geologisch günstig erweist sich nach Martinis Angaben, daß Niederschlag nicht in die Tiefe, sondern oberflächig abfließt und damit gut gefaßt werden kann.

In den bereits erfaßten fünf Städten wurden durch Nachforschungen in Registern und Archiven sowie Auswertung von Luftbildern von Ingenieurbüros etwa 27 000 Flächen ermittelt, auf denen mit gefährdenden Substanzen umgegangen wurde. Rund 250 teilweise inzwischen mit Wohnhäusern bebaute Areale erhielten höchste Priorität. Nun sollen genauere Untersuchungen den Grad der Belastung klären. Nach einer modellhaften Prüfung von 48 Flächen in Worms blieb bei 17 ein Verdacht auf Altlasten zurück.

Vor allem für Bauleitplanungen und Grundstückskäufe sei die systematische Erfassung der Verdachtsflächen von entscheidender Bedeutung, so Kaiserslauterns Umweltdezernent Klaus Weichel. Seine Innenstadtkarte weist nur wenige offensichtlich unbelastete Flächen aus. Neben Industrieanlagen, Gaswerken oder Kokereien sind auch meist bei Färbereien, Gerbereien, Tankstellen, Schlachthöfen oder Chemischen Reinigungen gefährliche Hinterlassenschaften zu erwarten und erschweren damit die Nutzung von Brachen.

Gefahrenerforschung wird auch für rund 10 500 mittlerweile erfaßte alte Deponie-Standorte und sonstige Schutt-Lager fällig.