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Kölner Stadt-Anzeiger vom 15.12.1998

 

Altlast

Doch Sprengstoff im Regenwasser

Test ergab 30 Mikrogramm TNT

Von Wolfram Schumacher

Kehr/Hallschlag -- Mit dem einsetzenden Tauwetter läuft seit dem Wochenende wieder reichlich Schmelz- und Regenwasser vom Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik Espagit zwischen Kehr und Hallschlag über die Kreisstraße in die Kyll und damit in den Kronenburger See. Neugierig, wie der Entdecker der Altlast, Gunther Heerwagen aus Birgel, nun mal ist, hielt er einen hochempfindlichen TNT-Schnelltest der Firma Merck in die rotbraune Brühe und erhielt einen Meßwert von mindestens 30 Mikrogramm Sprengstoff

Für Gewässer gibt es keinen Grenzwert für den Sprengstoffgehalt, aber für Trinkwasser gelte ein Vorsorgegrenzwert von 0,1 bis maximal zehn Mikrogramm, erklärte Heerwagen, und der sei nach seiner Messung um das Dreifache überschritten.

Der Hersteller des Sprengstofftests rät dazu, positive Befunde durch labormäßige Standarduntersuchungen zu bestätigen. Da diese Laboruntersuchungen aber mindestens 400 Mark kosten, rief Heerwagen die Polizei zu Hilfe. Die Kripo aus Prüm hat am Sonntag nachmittag dann ebenfalls Wasserproben gezogen, die nun untersucht werden sollen.

Bereits Mitte September hatte Heerwagen die Polizei in Prüm über die mutmaßliche Verunreinigung eines Gewässers informiert, als erstmals Oberflächenwasser mit sprengstofftypischer, rotbrauner

Verfärbung aus der Räumstelle über die Straße floß. Die Bezirksregierung stritt eine Belastung ab und erklärte, ausreichende Maßnahmen getroffen zu haben. Außerdem habe noch kein Tropfen belastetes Wasser das Gelände verlassen. Doch nun läuft schon wieder die rot-braune Brühe über die Straße, und sie enthält nach Heerwagens Messungen reichlich TNT.

Die Gründe für die bisherige ,,Entwarnung" der Behörden kann Heerwagen sich lebhaft vorstellen:

Die Kontrollen würden von der Räumfirma Tauber durchgeführt, die durch ihre Arbeiten die beklagten Mißstände verursacht habe, so Heerwagen.

Krebserregend

Im Labor auf der Räumstelle gibt es nach Heerwagens Kenntnis nur einen Kalilaugetest für Sprengstoffe, der Milligramm-Mengen im Erdreich anzeigen kann, aber nicht die tausendfach kleineren Mengen, die in Gewässern von Bedeutung sind. Denn die Zerfallsprodukte von Nitrotoluolen sind schon in geringsten Mengen krebserregend.

Auch für die beruhigende Meldung der Bezirksregierung, daß die im Exotentrichter gefundenen Granaten keinen chemischen Kampfstoff enthalten, hat Heerwagen seine eigene Interpretation: Die Granaten seien bis auf eine kleine Sprengladung wirklich hohl und leer, so Heerwagen, weil sie nach 70 Jahren im Sumpf durchgerostet seien und ihre hochgiftige Ladung längst an die Umwelt abgegeben hätten.