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Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.12.1998

Altlast Espagit

Düstere Ahnungen

Fließt TNT-Wasser im Untergrund ab?

Von Franz Albert Heinen

Kreis Euskirchen/Kehr — Vom 22. Dezember datiert die Antwort der rheinland-pfälzischen Landesregierung auf eine ,,Kleine Anfrage" der Grünen bezüglich der Altlast Espagit bei Kehr. Darin teilt die Landesregierung mit, daß es ,,Mitte September 1998 zu einem einmaligen unkontrollierten Wasserabfluß vom Gelände gekommen" sei. ,,Unverzüglich vorgenommene Wasseruntersuchungen haben jedoch keine Schadstoffbelastung erkennen lassen", schreibt das zuständige Mainzer Ministerium.

Zwei Tage vor dem 22. Dezember, dem Tag der Unterzeichnung der Regierungsantwort, hatte der Kommunalpolitiker Gunther Heerwagen allerdings schon mit einem einfachen Schnelltest an mehreren Stellen erhöhte TNT-Belastungen bei erneut vom Gelände abfließendem Wasser ermittelt. Inzwischen liegen Analysen des Instituts Fresenius vor, wonach sogar bis zu einem halben Milligramm TNT pro Liter Wasser aus einer sprudelnden alten Abwasserleitung in Richtung Kronenburger See liefen.

Informationsgespräch

Dessen ungeachtet schreibt die Landesregierung weiter: ,,Im übrigen sind weder im Sediment noch in Wasseruntersuchungen von Proben außerhalb des Geländes der Rüstungsaltlast Schadstoffe von nennenswerter Konzentration festgestellt worden." Auch bezüglich ihrer lnformationspolitik äußern sich die Mainzer: ,,Zur Fortsetzung der bisherigen transparenten Öffentlichkeitsarbeit hat die Bezirksregierung Trier die Kreisverwaltung Euskirchen zu einem ausführlichen Informationsgespräch im Januar 1999 nach Hallschlag eingeladen." Heerwagen behält indessen die Altlast weiter fest im Auge, wie man einer Pressemitteilung entnehmen kann, die der Politiker unter der Überschrift versandte: ,,Vertrauen in Handeln der Behörden erschüttert". Darin führt er aus, daß aus dem Rohr der früheren Abwasserleitung des Werks, aus dem sich bei der Schneeschmelze ein mit 520 Mikrogramm TNT verseuchter Sturzbach ergoß, inzwischen kein Tropfen Wasser mehr das Werksgelände verläßt. Allerdings hört man laut Heerwagen im Untergrund lautes Wasserrauschen. Heerwagens Erklärung dafür, warum die noch vor Tagen heftig sprudelnde Quelle plötzlich versiegt ist: Das am 20. Dezember abfließende Wasser aus der Kanalisation war nur der Überlauf. Das bei Normalwetter anfallende Wasser fließt hingegen ständig aus dem Espagit-Gelände im Untergrund Richtung Seifenbach.

Heerwagens Folgerung klingt alarmierend: ,,Wenn im enorm stark verdünnten Überlaufwasser bei Schneeschmelze schon ein halbes Milligramm Sprengstoff TNT gemessen werden konnte, wie hoch ist dann die Konzentration des im Normalfall im verborgenen Untergrund dem Seifenbach und dem Kronenburger See zugeleiteten Wassers?"

1-leerwagen erinnert in diesem Zusammenhang noch einmal an die Strafanzeige wegen des Verdachts der Gewässerverunreinigung, die er bereits am 17. September gestellt hatte Bei der Ermittlung des Sachverhalts und für die Entnahmen von Proben sei seiner Meinung nach diesmal nicht die Trierer Bezirksregierung ,,als zum Gärtner gemachter Bock", sondern alleine die Kripo gefordert. Heerwagens Fazit: ,,Der Trierer Bezirksregierung ist es überzeugend gelungen, jegliches Vertrauen in ihre Äußerungen und Maßnahmen gründlich zu verwirken."