Historische Bilder der ehemaligen Munitionsfabrik "Espagit" in Hallschlag
(vom Januar 1920 und nach dem 29. Mai 1920, sowie ein Bild aus 1943)
Mit freundlicher Genehmigung der Eigentümer dieser Fotos, der Familie Friese-Selbstädt
(Foto 1943: Selbstädt)
Bereits im Januar 1920 hatte es eine schwere Explosion gegeben.
Das Bild zeigt die Schäden, nachdem Tausende Granaten explodiert waren.
Im Vordergrund, neben den Geleisen liegen großkalibrige Granaten.
Und am Nachmittag des 29. Mai1920 fand die verheerende Explosion statt.
Das Bild wurde vom Wasserturm aufgenommen.
Dabei sollen 20 000 Granaten in die Luft verschleudert worden sein, nach handschriftlicher Anmerkung in alten Akten 12 000 Giftgasgranaten.
Am 07.06.1920 werden Ablauf und Auswirkungen der Explosion folgendermaßen beschrieben:
,,Etwa 5 — 6 Minuten nach Ausbruch des Brandes erfolgte die erste Explosion offenbar durch die Granaten, die auf den Ausdämpftischen standen, kurz darauf eine zweite schwächere Explosion, deren Ursache nicht aufgeklärt werden konnte. Durch die erste Explosion wurde die alte Granatenfüllstelle, bestehend aus drei z.Z. leerstehenden Hallen in Brand gesetzt, nach Aussage von Augenzeugen offenbar durch einen aus Richtung der Ausdämpfstelle gegen das Gebäude geschleuderten Granatsplitter. Neben der alten Granatenfüllstelle lagerten noch etwa 500 Granaten, die explodierten und ein ansehnliches Loch in den Erdboden rissen.
Sodann erfolgte eine sehr starke Detonation hervorgerufen durch die Explosion des Lagers der noch nicht entleerten Granaten, die einen Sprengtrichter von schätzungsweise 30 m mittleren Durchmessers und 7 — 8 m Tiefe riss. Es lagerten z.Z. etwa 8.000 Granaten mit Pikrinsäurefüllung und 12.000 Gasgranaten von denen wohl der grösste Teil aufgeflogen ist, ein anderer Teil noch unversehrt unter Trümmern begraben liegt. Die Lagerung erfolgte frei auf dem Erdboden, ohne Ueberdeckung, nach Zeugenaussagen in Stapeln von 6 — 7 Granaten aufeinander, bei einer Länge des Stapels von 7 — 8 m, sodass ein Stapel annähernd 350 Stück Granaten umfasste. Zwischen den einzelnen Stapeln waren Entfernungen von etwa 5 m innegehalten. Die Entfernung des ersten Stapels von der alten in Brand gesetzten Granatenfüllstelle betrug etwa 20 m.
Gegen 4 Uhr erfolgte die vierte ebenfalls sehr starke Explosion, durch welche die Zylinderstation, in der heisse Abfallsäuren aufgespeichert wurden, um den darin gelösten Sprengstoff in der Kälte auskrystallisieren zu lassen, vollkommen zerstört und zerrissen wurde. Die hochstehenden Zylinder von 8 m Höhe und 2,30 m Durchmesser bei 15 mm Blechstärke wurden teils weit fortgeschleudert, teils an Ort und Stelle vollkommen zerstört. Von diesen Zylindern sind Stücke bis zu 40 Zentner mehrere 100 m weit fortgeschleudert worden. Von den vorhandenen Zylindern waren etwa 5 bereits von Säure befreit und mit Trinitrotoluol gefüllt, während einer noch Säure und Trinitrotoluol enthielt; jeder Zylinder fasste etwa 3.000 kg.
Fünf weitere Zylinder waren mit Binitrotoluol und Säure, jeder Zylinder zu etwa 1.000 kg Füllung. Die übrigen vier Zylinder waren ganz leer.
Etwa gegen 8 Uhr Abend erfolgte die fünfte und letzte Explosion, durch welche ein Lagerkessel der Säureeinstellung zerstört wurde, der mit Säure und Trinitrotoluol gefüllt war. Der Lagerkessel enthielt etwa 70.000 kg sog. Säureschlamm. Diese Explosion dürfte wohl ausschliesslich auf die allmähliche mit der Ausdehnung des Brandes zunehmende Intensität der Hitze zurückzuführen sein. Während der ganzen Dauer des Brandes fanden fortgesetzt kleinere und grössere Detonationen statt."
In einem Artikel der Landeszeitung vom 01.06.1920 heißt es ergänzend, daß neben den Säurevorräten auch die modern eingerichtete Schreinerei und das Magazin den Flammen zum Opfer fielen.
Aus den umliegenden Gemeinden Hallschlag, Kehr, Scheid, Losheim, Losheimergraben und Manderfeld wurden Schäden in Höhe von 240.000 Mark gemeldet.
Hier wagte sich der Fotograf auf den 75 Meter hohen Fabrikschornstein, um einen Überblick über die zerstörten Säuretanks zu haben.
Der Explosionstrichter, am Granatenlager II hatte einen Durchmesser von 30 Metern und eine Tiefe von 7 bis 8 Metern.
Blick aus der Säureabteilung nach Westen ...
Blick auf die Säureabteilung und Rektifizierung (Turm)
Das Gestell war vermutlich ein im Bau befindlicher Wasserturm oder Tank.
Überall Zerstörung ...
Dampfmaschinen oder Turbinen ...
Die Massenspeisung, in dreihundert Metern Entfernung, wie ein Kartenhaus zusammengebrochen.
Ein Kesseltrümmer aus der Säureabteilung flog dreihundert Meter weit ...
Ansicht 1943 von Süden. Zu sehen ist das als Kantine für Westwallarbeiter wieder hergerichtete Sozialgebäude und noch der Wasserturm, sowie das Zentralkesselhaus. Die Aufschüttungen davor sind mittlerweile gebaute Westwallbunker. Der Schornstein wurde schon 1938 gesprengt.
Als im September 1944 die Front nahte und die Amerikaner sich auf den Ziel bietenden Wasserturm eingeschossen hatten, wurde dieser gesprengt.
Das Werksgelände selbst blieb seither brachliegend, bis zur Entdeckung als Altlast.