Mitglied im Verbandsgemeinderat Obere Kyll für Bündnis90 / DIE GRÜNEN
Gunther Heerwagen
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Herrn Bürgerbeauftragten
Ulrich Galle
Kaiserstraße 32
5516 Mainz
Montag, 28. Dezember 1998
Betr.: Rüstungsaltlast Hallschlag
Bezug: Konzept der Landesbehörden
Sehr geehrter Herr Bürgerbeauftragter!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Als Entdecker dieser Rüstungsaltlast in Hallschlag im Jahre 1988 und seither kritischer und gewiß nicht gänzlich fachunkundiger Begleiter behördlicher Maßnahmen, bin ich mit der durch Landesbehörden beabsichtigten Konservierung der Altlast nicht einverstanden.
Die Kreismitgliederversammlung von Bündnis90/ DIE GRÜNEN (KV DAUN)
hat am 4.12.1998 folgende Resolution verabschiedet:
1911 betrieb der Trierer Regierungspräsident Dr. Baltz als Vorsitzender in dem eigens gegründeten "Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel e.V.", die Gründung der Sprengstoff-Fabrik "Espagit" in Hallschlag
Der Gemeinde wurde dauernder steuerlicher Nutzen versprochen.
(Durch weitere Maßnahmen seitens des Vorsitzenden ist dafür gesorgt, daß die Gemeinde dauernd den steuerlichen Nutzen aus diesem Werk erhält und selbst bei einer etwaigen Stillegung dieses Betriebes, die kaum zu erwarten ist, die Gemeinde einen entsprechenden Ausgleich findet.)
Als in den sechziger Jahren die Kölner Rüstungsfirma Josef Meissner (Anlagenbau für die Chemische- und Sprengstoffindustrie) Geländeteile der ehemaligen "Espagit" in Hallschlag aufgekauft hatte, wurde eine bisher das Gelände durchschneidende Kreisstraße unter Mitwirken der Behörden an den Rand des Grundstücks verlegt.
Doch bald zeigte die Firma kein Interesse mehr an einer Gewerbeansiedlung: "Wegen der Aversion in der Bevölkerung gegen unsere Branche".
Im Jahre 1979 wurde unter Mitwirkung diverser politischer Gremien bei der Änderung des Flächennutzungsplanes das gesamte noch immer als höherpreisig zu betrachtende Gewerbegebiet in minderpreisige land- und forstwirtschaftliche Fläche (Ödland) überführt.
Gras sollte über die Altlast wachsen.
Nunmehr ist durch eine von den Nachfolgern im Amt des Regierungspräsidenten beabsichtigte Verdeckelung der Altlast zu besorgen, daß die mit Giftgasgranaten, Sprengstoffen und Schwermetallen belasteten Flächen der "Espagit" künftigen Generationen überantwortet werden.
DIE GRÜNEN meinen: ES reicht
1. Die Sanierung der Rüstungsaltlast Hallschlag ist von der Größe her und aus finanzieller Sicht machbar und umsetzbar.
2. Die Praxis der Vertuschungen von Gefahren und die Weiterreichung dieser Altlasthypothek an kommende Generationen muß verhindert werden.
3. Die Gefahren für die Umwelt durch eine Rüstungsaltlast mit chemischen Kampfstoffen, die mit Hilfe einer Deckelung lediglich vage gesichert und konserviert ist, paßt nicht in die vorwiegend touristisch und landwirtschaftlich genutzte Region "Ferienregion Eifel-Ardennen" und "Kronenburger-See"
Die GRÜNEN fordern:
Der kommissarische Trierer Regierungspräsident Heinrich Studentkowski, als Amtsnachfolger von Dr. Baltz, wiederum federführende Behörde, wird aufgefordert durch eine völlige Sanierung der Rüstungsaltlast "Espagit" die Belastung von der Region um Hallschlag zu nehmen, wenn schon das 1911 gegebene Versprechen des steuerlichen Nutzens und Ausgleichs nicht gehalten werden konnte.
Dem Obenstehenden schließe ich mich inhaltlich voll an und bitte, seitens der, im Gegensatz zum Regierungspräsidenten kaiserlicher Prägung, demokratisch gewählten Gremien, den Damen und Herren Abgeordneten des Landtages und den befassten Landesbehörden, nochmals, die beabsichtigte Vorgehensweise bei dieser Rüstungsaltlast zu überprüfen.
Nach einem von mir bei der Hamburger Kanzlei "Buse und Partner" in Auftrag gegebenen und mittlerweile vorliegenden juristischen Gutachten des Abfallrechtsexperten und früheren Ministerialdirigenten im Hessischen Umweltministerium, Herrn RA Dr. Bodo Baars bestehen, im Gegensatz zum Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtages, z.H. der Fraktion Die Grünen, offensichtlich erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Vorgehens der Landesregierung.
Momentan werden noch durch Herrn Dr. Baars angedeutete Sachverhalte und Möglichkeiten geprüft.
Die Landesregierung hatte 1997, durch Kabinettsbeschluß, beschlossen, auf der Rüstungsaltlast Hallschlag im weiteren lediglich oberflächlich zu entmunitionieren und den kontaminierten Restbereich abzudecken.
Dazu soll ein Metallgitter eingebracht werden, um illegalen Munitionssuchern das spätere Aufspüren vermuteter Munition unmöglich zu machen.
Im fraglichen Geländebereich konnten vor Jahren und Beginn der Arbeiten und der Abholzung eines Waldes bereits durch Sondierungen und entsprechende starke Anzeigen metallischer Gegenstände (möglicherweise Schrott oder aber Munition), diverse Gebiete eingegrenzt werden, wo mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit tiefer vergrabener Munition, und aus der Ortskenntnis heraus, weniger mit Schrott, zu rechnen ist.
Infolge des seit Jahren verfügbaren GPS, des metergenauen satellitengestützte Ortungsverfahrens, wird es auch nach einer Abdeckung möglich sein, trotz diesem keineswegs dem Stand der Technik entsprechenden vorgesehenen "Irritationsverfahren für elektromagnetische Sondierungen", genau diese bereits längst sondierten Verdachtsstellen wiederzufinden.
Genauso können durch interessierte Kreise genau jene Stellen präzise lokalisiert werden, wo der Sprengstoff TNT in Flözen von mehr als zehn Zentimeter Stärke vorgefunden werden kann. TNT wäre durch einfache Umkristallisation, sogar in einem Waschküchenlabor, wieder als brisanter Sprengstoff aufarbeitbar.
Da die Landesbehörden lediglich, wegen eines divers einzugrenzenden bekannten Personenkreises (Die Medien sprachen in Zusammenhang mit der erlassenen Gefahrenabwehrverordnung schlicht von einer LEX HEERWAGEN), diese Grabungssperre einrichten wollen, sollte aus oben genannten Gründen die Möglichkeit einer Kostenersparung, durch Herauslassung dieses nutzlosen Metallgitters, erwogen werden. Es würden so auch lebensgefährliche Irritationen bei einer, meiner Meinung nach unzweifelhaft, zu späteren Zeiten notwendigen, Kampfmittelräumung vermieden.
Die Abdeckung der kontaminierten Bereiche soll mit Erdreich erfolgen.
Eine Folienabdeckung ist wider mein Erwarten nie vorgesehen worden.
Das durch Drainagen aufgefangene (reine) Niederschlagswasser, das auf der abgedeckten Fläche von 15 Hektar versickert ist und der Kontamination ausgesetzt war, soll laut einem geologischen Gutachten infolge relativ dichter Untergründe oberflächennah abfließen und könne somit vollständig in einer Ringdrainage aufgefangen und in einem Holzkohlefilter gereinigt werden.
Ich bezweifle die Folgerungen des mir bekannten und den Entscheidungen der Behörden zugrundeliegenden geologischen Gutachtens an.
Neben einigen Schürfungen sind keinerlei Bohrungen erfolgt. Das Dutzend Kontrollbrunnen im Umkreis der Altlast ist wiederum zu tief angelegt, um Aussagen über Ausschwemmungen von Schadstoffen zuzulassen. (Darüberhinaus sind sie derart unfachmännisch angelegt gewesen, so daß in der Vergangenheit Vermischungen mit Oberflächenwasser stattgefunden hatten. Der unlängst an das Labor Fresenius für mehrere Jahre erteilte Analyseauftrag beinhaltet m.M. fahrlässiger Weise auch nicht die, bei dieser Rüstungsaltlast objektiv notwendige, Untersuchung auf Rückstände Chemischer Kampfstoffe, sondern lediglich auf Sprengstoffe.)
Geologisch ist das Gelände nach Übereinstimmung mehrerer geologischer Untersuchungen derart kleinräumig veränderlich und unvorhersehbar zerklüftet, daß sich Aussagen mit hinreichender Sicherheit nur treffen lassen, wenn durch ein dichtes Netz an Bohrungen die Aussagen aufgrund von Erkenntnissen und nicht nur durch Mutmaßungen und Schlußfolgerungen getroffen würden.
Das erstellte Einzelgutachten (Dr. Kamps) kann Behördenmitarbeitern nicht die hinreichende Sicherheit geben, daß strafbare Tatbestände in Zukunft nicht erfüllt würden. (siehe § 324 StGB "Gewässerverunreinigung)
Ein z.B. auf Bohrungen in kampfmittelverdächtigen Geländen spezialisiertes Unternehmen ist die Firma "Finowfurter Bohr- und Baugrundgesellschaft m.b.H., in 16244 Finowfurt, das durch eine reichhaltige Referenzenliste ihre, Leistungsfähigkeit beweisen kann. (Geschäftsführer Dr. R. Schmidt Tel. 03335/4457-0)
Die Abdeckung mit Erdreich soll über etwa 15 Hektar, auch zum gewissen Teil, mutmaßlich unkontaminierter Fläche erfolgen.
Eine Aussage über die Größe der kontaminierten Bereiche kann mangels durchgeführter Bohrungen nicht mit hinreichender Gewissheit getroffen werden. Genausowenig konnte angeblich, trotz oberflächennahem Wasserabfluß ein Wasserpfad für die bekanntermaßen löslichen Schadstoffe (Aromaten) bisher nicht definitiv festgestellt werden. Diese Tatsache ist insofern verwunderlich, da am Berghang mehrere Quellhorizonte bereits an dem typischen Binsenbewuchs, oberhalb und östlich vom Exotensprengplatz feststellbar sind, und Messungen bei der Schneeschmelze Emissionen von 520 Mikrogramm TNT ergaben.
Zur Abpufferung von starken Niederschlagsereignissen sollen Auffangbecken angelegt werden.
Mittels Pumpen würde das Wasser Holzkohlefiltern zugeführt und nach Reinigung in Vorfluter eingeleitet.
Das durch das Ingenieurbüro Trischler und Partner, Darmstadt, vorgelegte Konzept, unter eigener Abwägung anderer in Betracht kommender Sicherungs- bzw. Sanierungsvarianten, scheint mir keineswegs schlüssig.
Im Gegenteil!
Die Erdabdeckung soll direkten Kontakt zur kontaminierten Fläche haben. Aufgrund der geringeren Dichte des Sprengstoffes TNT als Erdreich, schwimmt TNT im Laufe der Jahre auf und arbeitetet sich Richtung Oberfläche vor.
Dabei wird billigend in Kauf genommen, bisher nicht verunreinigtes Erdreich zu kontaminieren.
Die Kontaminierung von Erdreich ist (nach meiner Auffassung) gesetzlich verboten und bedingt für die Handelnden unvermeidlich die Erfüllung von Straftatbeständen. ( siehe einschlägige Umwelt- und Strafgesetze)
Zu reinigende Wassermengen bei vorgesehener Abdeckung
(Überschlagsmäßig bei : Durchschnittsniederschlag von 1200 mm/Jahr):
15 Hektar à 10 000 Quadratmeter entsprechen 150 000 Quadratmeter.
Bei einer durchschnittlichen monatlichen Niederschlagsmenge von 100 Millimeter, entsprechend 0,1 Meter, entspricht die vom Himmel gesandte, nicht verunreinigte Regenwassermenge ... 15 000 Kubikmeter.
Im Winter, bei einer Frostperiode von über drei Monaten, in der 600 Meter hoch gelegenen Schnee-Eifel, würde durch die dortige Frosttiefe die vorgesehene gezielte Wasserableitung in den Drainagen mit der dreifachen Menge nicht funktionieren. Es würde billigend in Kauf genommen sein, daß möglicherweise kontaminiertes Wasser, wie in diesem Herbst,
mehrfach, entgegen der Antwort des Staatssekretärs Dr. Theilen in Drs.13/3823, das Gelände verlassen würde bzw. in Vorfluter unsteuerbar abfließen könnte (siehe § 324 StGB).Verbesserungsvorschlag:
Bei einer direkten Folienabdeckung auf dem gewachsenen kontaminierten Gelände und modellierender Gestaltung eines ebenmäßigen Bergrückens mit Erdreich, sowie Auflage einer weiteren Folie auf dem so geschaffen "Schildkrötenpanzers", können Regenwasserabflußmengen gezielt und direkt in Vorfluter abgeleitet werden.
Das durch Folien eingeschlossene Füll-Erdreich wäre selbst vor einer Kontamination geschützt. Rückhaltebecken und Pumpen würden sich hierfür erübrigen. Aus den Drainagen unter Folienabdeckung, im kontaminierten Bereich müßte lediglich bereits jetzt im Erdreich vorhandenes Wasser aufgefangen und einer Reinigung durch Holzkohlefilter unterzogen werden. Da kein Oberflächenwasser mehr eindringen könnte, würde diese zu reinigende Wassermenge schnell abnehmen, bzw. eine Wasserführung würde letztlich in absehbaren Zeiträumen zum Erliegen kommen. Da der Regenwasserzufluß gestoppt wäre, könnte eine weitere Lösung und Ausschwemmung von Schadstoffen für die Zukunft aus diesem Bereich verhindert werden, und aufgrund der berechenbaren kontinuierlichen Abflußmengen die Filter- und Pumpenkapazitäten im Laufe der Zeit sogar noch vermindert werden.
Die Tatsache, daß Folien auch nur eine begrenzte zeitliche Lebensdauer haben, legt mir nahe anzuregen, mehr als zuvor, eine Variante der vollständigen Sanierung der Rüstungsaltlast, im Sinne der am Anfang stehenden Resolution der Mitgliederversammlung von Bündnis90/DIE GRÜNEN, ins Auge zu fassen.
Mit freundlicher Hochachtung
Gunther Heerwagen